Die Sonatine für Violine und Viola entstand während des Musikstudiums in Hamburg. An vielen Stellen im musikalischen Gestus deutlich von Schostakowitsch und Bartók beeinflusst, lässt das viersätzige Stück in seiner Form erkennen, dass sich Stahmer ebenso intensiv mit der Wiener Klassik auseinandergesetzt hat. So ist dem Sonatengeschehen im Kopfsatz nach Haydn’schem Muster eine mit moderato ma marcato bezeichnete Einleitung vorangestellt. Diese sichert dem Kopfsatz die Verankerung im tonalen Zentrum „D“ und nimmt zugleich en miniature das Ausbrechen aus den Bindungen der Tonalität vorweg. Zwei kleingliedrige Elemente stehen zu Beginn einander antithetisch gegenüber, ein Dreitonmotiv, das sich im anschließenden Allegro zu einem spielerischen Hauptthema ausweitet und eine Schlussformel. Ein lyrisches Seitenthema schafft den großformalen Kontrast, der zugleich Stoff für eine umfangreiche Durchführung bietet. Diese ist mit vierzig Takten fast ebenso lang wie die Exposition und die das Geschehen beendende Reprise.
Ein dreiteiliger langsamer Satz schließt sich an. Dessen schlichte Anfangsmelodie blüht im Dialog der beiden Instrumente auf und führt zu einem etwas bewegteren Geschehen. Im Zentrum des Satzes, einer statisch wirkenden und ausdruckslos zu spielenden Akkordfolge, kommt alle Motivik zum Stillstand.
An dritter Stelle folgt ein umfangreiches Scherzo, ein irrlichternder Spuk, der besonders im ironisierenden Trioteil seine Verwandtschaft mit Schostakowitsch nicht verleugnet und der dann attacca in das Finale übergeht. Auch dieses klingt in seiner kleinziselierten Gebrochenheit wie eine originelle Mischung aus Bartók und Schostakowitsch und mündet schließlich in eine Coda ein, die durch Übernahme von Elementen der Einleitung einen großformalen Bogen spannt und die Sonatine zu einem plausiblen Schluss gelangen lässt.